Scheidung 

Streit ums Haus: Es droht die Zwangsversteigerung

Medien: focus.de vom 26.07.2017 um 20:06 Uhr
Gastautor: Rechtsanwalt Tobias Klingelhöfer

Bei einer Scheidung gehört das Haus zu den Vermögensgegenständen, die in der Regel aufgeteilt werden müssen. Eine Einigung der Ex-Partner ist sinnvoll, denn sonst droht die Zwangsversteigerung.

Existiert kein Ehevertrag, ist eine Ehe immer eine so genannte Zugewinngemeinschaft. Das heißt, dass das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen aufgeteilt wird. Dabei ist unerheblich, wer wie viel zum Vermögen beigesteuert hat. Bei einer Scheidung erhält jeder den gleichen Anteil. Auch Schulden werden übrigens gerecht aufgeteilt – jeder bekommt die Hälfte.

Hat das Ehepaar während der Ehe ein Haus erworben, gehört diese Immobilie selbstverständlich als Vermögenswert zum Zugewinn. Wenn Erbschaften oder Schenkungen in die Hausfinanzierung mit einfließen, raten ich dringend dazu, diese Summen notariell zu fixieren. Nur so kann im Scheidungsfall gewährleistet werden, dass das Geld bei der Berechnung des Zugewinns nur dem Beschenkten bzw. dem Erben in voller Höhe angerechnet wird.

 

Beim Verkauf des Hauses wird der Gewinn geteilt

Ob das Haus im Scheidungsfall besser verkauft, von einem der beiden Ehepartner weiterhin bewohnt oder gar als Wohngemeinschaft behalten werden soll, muss das Paar gemeinsam entscheiden. Beide haben generell das Recht, im Haus wohnen zu bleiben. Selbst, wenn nur einer der Partner im Grundbuch steht, darf er nicht eigenständig bestimmen, was mit der Immobilie geschieht.

Entscheiden sich beide für einen Verkauf, wird der Gewinn – falls es den nach Ablösung des Immobilienkredites überhaupt gibt – geteilt. Für Kredite, die man gemeinsam unterschrieben hat, haftet jeder der beiden Eheleute in voller Höhe, unabhängig vom Einkommen.

 

Wer wohnen bleiben will, muss den anderen ausbezahlen

Bleibt einer der ehemaligen Partner im Haus wohnen, muss er den anderen ausbezahlen. Ob in einer Summe oder in Raten, bleibt den Beteiligten überlassen. Bis es soweit ist, erhält derjenige, der seinen Anteil übertragen hat, als Sicherheit einen Vollstreckungsanspruch. Überschrieben wird die Immobilie erst, wenn der ehemalige Partner komplett ausbezahlt wurde.

Ich rate zu diesem Schritt unbedingt vor der rechtskräftigen Scheidung: Denn normalerweise wird bei der Übertragung von Eigentum eine Grunderwerbssteuer von – je nach Bundesland – rund fünf Prozent des Verkehrswertes fällig. Für Ehegatten entfällt diese Steuer hingegen.

Und noch etwas: Wenn es nur noch einen Eigentümer gibt, fehlt der Bank möglicherweise ein Schuldner. Manche Kreditinstitute fordern in diesem Fall den Abschluss eines neuen Kreditvertrages – unter Umständen zu schlechteren Konditionen. Zudem fällt in der Regel für Verträge, die vorher aufgelöst werden, eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank an.

Oft ist es derjenige, bei dem die Kinder leben, der in der Immobilie wohnen bleibt. Dann werden Hausraten und Grundsteuer je nach Eigentumsanteil aufgeteilt. Und zwar unabhängig davon, wer wie viel verdient. Die Nebenkosten zahlt künftig der Partner, der im Haus bleibt, allein.

Zahlungen an die Bank kann der unterhaltspflichtige Partner während des Trennungsjahres von seinem Einkommen für die Unterhaltsberechnung abziehen. Dadurch vermindern sich allerdings auch die Zahlungen für die Kinder. Immerhin: Dem ausziehenden Partner steht eine Nutzungsentschädigung von seinem Ex zu. Dafür kann der das Haus jetzt alleine nutzen. Die Höhe dieser Entschädigung beträgt bei gemeinsamem Eigentum die Hälfte der ortsüblichen Miete für die genutzte Immobilie. Die Nutzungsentschädigung kann auch mit Unterhaltszahlungen verrechnet werden.

 

Der Auszug aus dem gemeinsamen Haus ist praktisch endgültig

Wer die Segel streicht, seine Kisten packt und endgültig aus dem gemeinsamen Haus auszieht, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es unter Umständen kein Zurück mehr gibt. Selbst wenn man Alleineigentümer ist, kann ein überstürzter Auszug den Verlust des Nutzungsrechtes nach sich ziehen. Das bedeutet, dass der im Haus verbleibende Partner ausdrücklich seine Einwilligung zu einer Rückkehr erteilen muss. Tipp: Eheleute können eine schriftliche Vereinbarung über eine mögliche Rückkehr ins Haus treffen, für den Fall, dass es am Ende keine Einigung darüber gibt, was mit der Immobilie geschehen soll.

 

Bei Streit droht die Zwangsversteigerung

Werden sich die Eheleute nicht einig, wie es mit der Immobilie weitergehen soll, droht eine Zwangsversteigerung. Dazu wird von einem Gutachter der Wert der Immobilie ermittelt, der als Untergrenze für das Einstiegsgebot dient. Doch häufig liegt diese bis zu 30 Prozent unter dem Marktwert der Immobilie, so dass beide Eheleute auf einem Schuldenberg sitzen bleiben. Damit dieser Fall gar nicht erst eintritt, raten ich den Betroffenen, sich möglichst noch vor dem Antrag auf Scheidung auf eine Lösung zu verständigen. Das ist meist für beide Seiten günstiger.

 

Zur Person: Tobias Klingelhöfer ist Rechtsanwalt und seit vielen Jahren als Rechtsexperte für die ARAG tätig. Als Gastkolumnist für FOCUS Online informiert er Verbraucher über ihre Rechte und Pflichten in verschiedenen Lebenssituationen.
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